Wie uns Flügel wuchsen von X66 ([KaRe]) ================================================================================ Kapitel 6: Wollust ------------------ Kapitel 6: Wollust Erschöpft schlängelte sich Rei von der Tanzfläche, schob sich durch die Masse in Richtung der Bar, in der Hoffnung, dort etwas Kühles zu Trinken zu bekommen. Es war brechend voll an diesem Abend im Club, dicht an dicht drängten sich die Menschen, bewegten sich mal mehr, mal weniger zur Musik, die durch den Raum schallte. Als Rei sich endlich bis zur Bar durchgekämpft hatte, bestellte er einen Tequila, und setzte sich auf einen der Barhocker, der gerade zu seinem Glück frei geworden war, um einen Moment zur Ruhe zu kommen. Nachdem er das Pinchen mit der transparentgoldenen Flüssigkeit hinuntergekippt hatte, hielt er in der Menge nach einem auffälligen graublau gefärbten Haarschopf Ausschau, den er jedoch im Gedränge und im wechselnden, grellen Licht nicht ausmachen konnte. Er war vor Stunden mit Kai zusammen gekommen, doch Rei hatte sich sehr bald in den Pulk der Tanzenden begeben, hatte erst mal alles um sich herum vergessen, während er seinen Körper im Rhythmus der Musik bewegte, und hatte Kai völlig aus den Augen verloren. Jetzt entschied er, einen Moment nach draußen zu gehen, da ihm vom Tanzen immer noch heiß und der Platz an der Bar zu unruhig war, da sich ständig Menschen an ihm vorbeidrängelten, die ihrerseits ein erfrischendes Getränk kaufen wollten. Auf dem Weg in Richtung Ausgang lichtete sich die Menge ein wenig, doch vermutlich wäre Reis Blick trotzdem nicht in jene dunkle, unscheinbare Ecke gefallen, hätte ihn nicht jemand angerempelt und ihn so dazu gebracht, sich nach dem Übeltäter umzusehen. Als er dabei zufällig erkannte, wer sich in den Schatten der Ecke befand, in die sein Blick fiel, erstarrte er. Er wusste zwar, dass Kai im Gegensatz zu ihm selbst nur auf Männer stand, hatte dies aber noch nie mit eigenen Augen gesehen, weil Kai sehr diskret war. Nun konnte er den Blick nicht von dem sich bietenden Anblick lösen. Kai hielt einen dunkelhaarigen Mann gegen die Wand gepresst, küsste diesen nicht gerade zurückhaltend. Eine seiner Hände hielt den Fremden an der Schulter fest, die andere lag fast beiläufig im Schritt desselben. Rei konnte nicht aufhören zu starren, spürte beginnende Erregung auch in seinem Unterleib. Er war ein wenig überfordert mit der Welle von unterschiedlichen Empfindungen, die ihn überschwemmte. Eben jene Erregung; Verlangen, sich an der Stelle des Fremden wieder zu finden, Kais Hand auf seinem Körper zu finden und Kais Mund auf seinen Mund gepresst zu fühlen; ein kleiner Stich Eifersucht, fast zu klein, um Rei das Gefühl als solches identifizieren zu lassen; Abstoßung sich selbst gegenüber, dass er hier stand und seinen besten Freund in einem solchen Moment beobachtete. Mühsam wandte er seinen Blick ab, zwang sich, weiterzugehen und die wenigen Meter in Richtung Ausgang zurückzulegen. Er drängte sich durch die Menge, die im Eingangsraum trotz der fortgeschrittenen Stunde noch immer versammelt war. Nachdem er an den Türstehern vorbei ins Freie getreten war, ging er um die nächste Hausecke des Clubs, wo er einen Moment allein sein konnte. Es war ziemlich kalt draußen und er konnte seinen Atem als weiße Wölkchen vor sich sehen. Die frische Winterluft tat jedoch gut, sein Kopf und seine Gedanken wurden wieder klarer. Vorher hatte Rei sich leicht benebelt gefühlt; die verrauchte, stickige Luft des Clubs, das Dröhnen der Bässe, die Hitze und der Alkohol hatten ihren Beitrag geleistet, dass der Schwarzhaarige sich etwas neben sich stehend gefühlt hatte. Doch selbst die Tatsache, dass er nun klarer denken konnte, konnte nicht verhindern, dass seine Gedanken unentwegt um das schwirrten, was er vor wenigen Minuten in jener dunklen Ecke beobachtet hatte. Es war nicht unbedingt das, was er gesehen hatte, was ihn so sehr aus der Bahn geworfen hatte (selbst wenn auch das ihn geschockt hatte), sondern vielmehr seine eigene Reaktion darauf. Er hatte Kai oft genug in Boxershorts und auch nackt gesehen und natürlich festgestellt, dass dieser einen gut gebauten, muskulösen Körper besaß, aber noch nie zuvor hatte sein eigener Körper so darauf reagiert. Das plötzliche Verlangen, dass bei dem Anblick Kais in ihm hochgewallt war, hatte ihn völlig überrascht und ihn mit einem merkwürdigen Gefühl von Verletzlichkeit zurückgelassen. Es machte ihm auch bewusst, dass die Beziehungsunlust, die er vor wenigen Monaten noch verspürt hatte, offenbar verschwunden war. Damals hatte er nicht nur keine Beziehung gewollt, sondern war einfach wenig daran interessiert gewesen, jemand anderem auf welche Weise auch immer näher zu kommen. Wie er gerade am eigenen Leib hatte feststellen müssen, war dies nun nicht mehr der Fall. Während Rei draußen damit kämpfte, dass er sich wieder wie ein Teenager mit Hormonüberschuss fühlte, war Kai drinnen schon längst wieder allein unterwegs. Wäre Rei nur wenige Augenblicke länger stehen geblieben, hätte er gesehen, wie Kai den anderen Mann unvermittelt stehen gelassen hatte – realisierend, dass das, was als rein sexuelle Befriedigung gedacht gewesen war, sich in diesem Moment zu leer anfühlte und ihn mit einem größeren Gefühl von Unzufriedenheit zurücklassen würde, als jenes, mit dem er gekommen war. So kam es, dass der Schwarzhaarige von Kai draußen gefunden wurde, weil er sich, obwohl er mittlerweile fror, noch immer nicht in der Lage gefühlt hatte, wieder in den Club zu gehen und die dunkle Ecke zu passieren. Als Rei den Russen vom Eingang aus näher kommen sah, bemühte er sich, sich möglichst normal zu verhalten. Kai merkte ihm offenbar trotzdem an, dass er noch immer völlig durcheinander war. „Alles klar, Rei?“, war seine erste Frage. „Alles bestens.“ Angesprochener nickte bekräftigend. „Alles klar, wirklich. Mir war es nur ein bisschen...warm drinnen.“ Der andere zog die Augenbrauen skeptisch hoch, sagte jedoch nichts. Rei selbst war jedoch in dem Moment seines Zögerns aufgegangen, dass er nicht mit Kai über das würde reden können, was ihn beschäftigte. Wenn sonst irgendetwas gewesen war, hatte er sich immer an den Russen wenden können, hatte zwar nur selten einen Ratschlag, aber doch immer die ungeteilte Aufmerksamkeit Kais erhalten – doch diesmal war das anders, war Kai selbst der Gegenstand seiner Gedanken. Und er würde dem anderen nicht sagen können, wie er sich gefühlt hatte. Das erste Mal seit langem war etwas geschehen, womit er sich nicht an seinen besten Freund wenden konnte, weil dies beinhaltet hätte, diesem mitzuteilen, welche Reaktion der Anblick seines Körpers in ihm auslöste. Und das war keine Option. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)